Nubert NuZeo 4 im Test
Mit der Ankündigung einer drahtlos ansteuerbaren Referenz-Aktivboxenserie mischte Nubert die Zukunfts-HiFi-Szene (auch Future-Fi genannt) kräftig auf. NuZeo heißt sie, und das kompakte Modell NuZeo 4 fand sofort den Weg in unseren Test. Vom Namen setzt man sich bewusst von den bisherigen nuPro-Modellen ab. Die NuZeo soll zwar auch als Referenz-Monitor fürs Studio taugen, der Fokus liegt aber auf einen kompromisslosen High-End-Klang zu Hause. Neben dem einzigen Kompaktmonitor wird es noch zwei Standboxenmodelle geben, die schlanke NuZeo 11 und die massigere NuZeo 15. Ein Center-Speaker soll auch Surroundfans Lust auf Aktiv machen.
So neu Name und Preisklasse sind, so klassisch gibt sich die NuZeo doch bei Connectivity und Einsatzgebiet: Vorverstärker und D/A-Wandler sind eingebaut, die kabelgebundenen Zuspielmöglichkeiten mehr als vielfältig. Wer klassische Quellen bevorzugt, kann ein Paar NuZeo bedenkenlos als Komplettanlage einsetzen. Dass man sich bei neuen Standards wie HDMI und erst recht bei Streaming zurückhält, ist laut Hersteller in Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit volle Absicht.
Denn die wahre Stärke dieser Aktivlösung zeigt sich erst in Kombination mit einem drahtlos-tauglichen Nubert-Vorverstärker als Zuspieler. Mit dem neuen nuXinema preAV ist sogar eine (teilweise) drahtlose Surround-Lösung mit Dolby Atmos möglich. Kann die neue NuZeo Serie damit die Canton Smart Reihe vom Thron stoßen, die auf dieses Konzept bis jetzt quasi ein Abo hatte?
Studiomonitor oder Streaming?
Beim Blick aufs Anschlussfeld der Box fällt sofort die XLR-Buchse auf. Sie nimmt, wie schon bei der nuPro-X-Serie, wahlweise analoge oder digitale Signale entgegen. Das entspricht eher den Gepflogenheiten im Pro-Audio-Bereich, wird aber auch bei High-End-Elektronik der gehobenen Klasse immer mehr zum Standard.
Ein paar klassische Cinch-Eingänge dürfte wohl die am meisten verbreitete analoge Anschlussvariante darstellen. Daneben gibt es zwei koaxiale S/PDIF, etwa für CD-Player oder Streaming-Bridges. USB, optischer Eingang und HDMI fehlen hingegen, was den Einsatz als „Plug & Play“-Kompaktanlage limitiert.
Gesteuert wird die NuZeo im Regelfall über die kostenlose Nubert X-Remote App für Android oder iOS. Doch ist das Smartphone einmal leer oder verlegt, befindet sich auf der Rückseite der Box ein Dreh/Drücksteller, mit dem die Quellauswahl und Lautstärkeregelung problemlos gelingt. Mit diesem hangelt man sich auch durch das interne, durchaus umfangreiche Einstellmenu.
Das Wireless-Konzept
Auf direkte Bluetooth-Zuspielung verzichtet die NuZeo komplett. Nach Aussagen der Masterminds hinter dem Konzept ist das im Sinne der Klangqualität nur konsequent. Da zudem aus Gründen der Zukunftsfähigkeit – ein Nubert-Lautsprecher soll schließlich nie veraltern – auch kein Netzwerkempfänger, WLAN oder Streamer eingebaut ist, stellt sich zurecht die Frage, warum wir die NuZeo denn bei einem Portal für Zukunfts-HiFi testen.
Die Antwort gibt das Drahtloskonzept der NuZeo-Reihe, das der nupro-X durchaus ähnelt. Es basiert auf einer proprietären Technik namens X-Connect. In der einfachsten Variante sorgt es dafür, dass eine Box eines Stereosets als Master definiert wird, alle Quellen handelt und das Signal für den anderen Kanal in Hi-Res-Auflösung und ohne Latenz drahtlos an die Slave-Box schickt. Fertig ist die Stereo-Komplettanlage ohne Kabel zwischen den Boxen.
nuGeduld: Die Bluetooth-App erweist sich als etwas nerdig
In der Praxis dauerte diese Übung allerdings länger als man denkt, denn man muss jede der beiden Boxen mit der Nubert X-Remote App einzeln via Bluetooth verbinden, um ihr die jeweilige Rolle (Master oder Slave) und Position (links oder rechts) im nuZeo-Duo zuzuweisen. Das ist nicht in allen Punkten intuitiv und führte mitunter zu kleinen Problemchen. Nach erfolgreichem Setup, kann der Master-Lautsprecher den Slave auch drahtlos über eine proprietäre Funkverbindung ansprechen.
Mit der nuZeo 4 geht aber noch viel mehr: Wer eine Komponente aus der kompatiblen Nubert-Elektronik als Zuspieler erwirbt, kann beide Boxen drahtlos ansteuern. Zur Wahl steht dabei mit dem Nubert NuConnect Amp XL etwa ein reichhaltig ausgestatteter Stereo-Streaming-Verstärker.
Noch spannender wird es aber mit der AV-Vorstufe Nubert nuXinema preAV. Mit dieser kompakten Decoder-Vorstufe stehen nicht nur zahlreiche HDMI-Eingänge und die Decodieung von modernen Surround-Formaten wie Dolby Atmos und dts:X zur Verfügung. Der Clou an dem Konzept ist auch, dass sich drahtgebundene und drahtlose Kanäle mit nuPro- oder nuZeo-Modellen nach Belieben mischen lassen.
High Tech in der Abteilung Schallwandlung
Die Töner wurden für die NuZeo-Serie komplett neu entwickelt. Der Bass mit der charakteristischen, verbackenen Kohlefasermembran sieht wahrlich nach High Tech aus. Zugleich strahlt seine riesige Sicke auch aus: „Ich kann Membranhub ohne Ende“. Was sicherlich auch notwendig ist, um ordentliche Pegel bei der angekündigten unteren Grenzfrequenz von 29 Hz zu mobilisieren.
Damit die massige Sicke nicht zulasten der effektiven Membranfläche geht, setzt Nubert hier auf ein maximales Tönermaß: 20,3 Zentimeter Durchmesser des Korbes, was genau 8 Zoll entspricht. Die passen soeben noch in die 24 Zentimeter breite Lautsprecherskulptur. Aber nur, weil die Körbe und Kanten entsprechend abgerundet und aneinander angepasst sind. Die schmalen Alu-Ringe schaffen die Verbindung aus beidem, und sehen zudem sehr wertig aus.
Und sorgen für eine gewisse optische Harmonie zum Hochtöner. Bei diesem dient das Aluminium sogar der Schallführung und einer gewissen Richtwirkung. Das ist eine sehr gute Idee, denn die Kombination aus hartem 8-Zoll-Tieftöner und 1-Zoll-Kalotte gilt ohne solche Maßnahmen aufgrund des sich mit der Frequenz ändernden Abstrahlverhaltens als raumakustisch schwierig.
Die dunkle Seide der Pracht
Beim Hochtöner selbst gibt es ein neues Wort in der Lautsprechertechnik zu lernen: Tetoron. Dieses auch als Kunstseide bezeichnete Material ist die Basis der Hochtonmembran. Dahinter steckt eine aus der Textiltechnik bekannte High-Tech-Faser, ein rabenschwarzes Composit-Material aus Polyester und Baumwolle. Diese Kombi aus Natur und industriellem Werkstoff garantiert maximale Dämpfung auf der einen und konstruktiv stabile Eigenschaften auf der anderen Seite.
Die Trennung zwischen beiden Tönern erfolgt vollaktiv auf digitaler DSP Ebene. Das bringt zum einen erweiterte Möglichkeiten beim Einsatz der Weiche – zu erkennen etwa an der tiefen Trennfrequenz von 1,7 kHz zum Hochtöner, die nur mit steilflankigen Digitalfiltern gelingen kann. Zusätzlich bietet der DSP auch die aus der nuPro-X-Serie bekannten Möglichkeiten von Equalizing und App-Einmessung für den Tieftonbereich. Letztere Funktion erfordert bei Android-Geräten allerdings die Verwendung eines bei Nubert erhältlichen Mikrofons. Diesen Kauf können sich iOS-User sparen, weil sie auf das integrierte Mikrofon ihrer iPhones oder iPads zurückgreifen können.
Watt satt
Die beiden Verstärkerkanäle für Tief- und Hochtöner bringen zusammen 320 Watt zustande. Dauerhaft und mit RMS-Signalen, versteht sich. In solchen Leistungsbereichen verbieten sich natürlich klassisch aufgebaute Class-A/B-Amps wegen der nicht abführbaren Hitze. Standard-Schaltverstärkern mit fester Modulations-Frequenz traut Entwickler Markus Pedal aber klanglich nicht genug zu, um in einer Referenzserie zu bestehen.
Deshalb arbeiten in der NuZeo sogenannte PWM-Verstärker (Pulse Width Modulation). In diesen arbeiten die Endtransistoren ebenfals im Schaltbetrieb, also Class D. Die Momentanspannung wird aber nicht über eine hochfrequenzreiche Serie von An/Aus-Vorgängen hergegestellt, sondern über die modulierte Länge der Pulsweiten, also der Zeitspanne, wie lang der Endtransistor „auf“ macht. Dieser Technologie trauen die Nubert-Entwickler den Klang einer klassischen Endstufe zu. Wie gut die Module arbeiten, zeigt sich auch daran, dass die Verstärkerstufe nur eine minimale Gegenkopplung benötigt und kaum auf die Impedanz der Töner reagiert.
So klingt die kompakte High End Nubert
Als ich die NuZeo 4 im kleineren der beiden Hörräume der LowBeats-Redaktion über eine analoge Cinch-Verbindung mit den ersten Klängen fütterte, blieb die Überraschung aus. Dank der starken Vorführung des Entwickler-Teams von Markus Pedal und Thomas Bien im Rahmen einer Presseveranstaltung, war ich auf extrem starke Bässe im Bezug auf die kompakten Abmessungen und immense Pegelreserven gefasst. In einem großen Konferenzraum legte die die kleinste HiFi-Box der neuen Lautsprecher-Linie derart los, dass ich fest überzeugt war, der größten daraus zu lauschen. Sowohl Tiefgang, als auch Impulsivität und der schiere Pegel gingen deutlich über das hinaus, was man von einem Kompakt-Lautsprecher erwarten würde.
Diesmal war ich also vorbereitet auf eine sehr erwachsene Performance aus einem vergleichsweise kleinen Lautsprecher. Allerdings gab es trotzdem neue, positive Erkenntnisse. Mit einem Platz relativ weit hinten am Rand der Stuhlreihen konnte ich mir bei der ersten Begegnung keinen Eindruck von der Fokussierung verschaffen. Doch diesmal saß ich auf einem Logenplatz im Sweet Sport und staunte erneut – aber über eine äußerst präzise, scharf umrissene Abbildung. Damit schafft Nubert den Spagat zwischen einem gewissen Boogie-Faktor und jener Qualitäten, die Audiophile beim bewussten Zuhören besonders schätzen. Die Abbildungspräzision und der Fokus profitierten dabei erheblich vom Anwinkeln zum Hörplatz hin.
Bass wie eine Standbox
Doch nicht nur das dürfte der nuZeo 4 Pluspunkte bei anspruchsvollen Musikliebhabern bringen. Auch gerade die aberwitzig feine und präzise Hochtonauflösung dürfte diese Zielgruppe in Verzückung versetzen. In der Summe entstand eine Abbildung, die an Transparenz und Plastizität auf ganzer Linie überzeugen konnte. Was den Bass betraf, überraschte nach der beeindruckenden Machtdemonstration im Rahmen der Premiere im Konferenzraum der immense Punch und Tiefgang zwar nicht mehr. Doch, was keinesfalls selbstverständlich war: Die 2-Wege-Kompakt-Monitore machten auch in einem recht kleinen Raum relativ nahe an der Rückwand eine gute Figur. Der Bass wirkte üppig und kraftvoll, bot aber auch unter diesen Umständen ein gerütteltes Maß an Sauberkeit. Obwohl er nicht zum Dröhnen neigte, zeigte die Tiefton-Einmessung über die Nubert X-Remote App eine beachtliche Wirkung. Der Bass gewann an Kontur plus Präzision und wirkte durch den Ausgleich eines Einbruchs und einer Überhöhung zwischen 70 und 120 Hz noch tiefer, satter.
Immer auf die Kleinen
Bei aller Pracht bestätigte sich bei der zweiten, intensiveren Begegnung mit der Nubert nuZeo 4 auch ein kleiner Kritikpunkt. Der Stimmwiedergabe haftete ein leicht kühler Hauch an. Auf die kürzere Hördistanz trat diese Eigenheit etwas stärker hervor als im großen Saal. Doch auch schon bei der Premieren-Vorstellung war das ein Punkt, der mir bei der nuZeo 15 mit ihrem 3,5-Wege-Konzept um einiges besser gefiel. Man konnte ihr wirklich anmerken, dass zwei ihrer vielen Chassis ausschließlich auf die Mitten- und nicht noch gleichzeitig für die Bass-Wiedergabe optimiert wurden.
Und ich spürte auch den Unterschied zwischen einem kleinen, von der Elektronik der Aktiv-Box in bester Nubert-Manier zu extremem Tiefgang getriebene 8-Zoll-Bass-Chassis und einer ganzen Bass-Batterie mit vier dieser Carbon-Faser-Treiber. Mit denen klangen Drums einfach noch eine Spur authentischer. Angesichts der viel offensichtlicheren Lücke beim Preis und dem Umstand, dass viele schon allein aus Platzgründen auf Kompakt-Lautsprecher festgelegt sind, könnte man das fast als vernachlässigbaren Kollateralschaden betrachten. Für eine 2-Wege-Regalbox braucht sich die nuZeo 4 jedenfalls vor keinem Mitbewerber verstecken, zumal sie für einen Vertreter der extrem leistungsgetriebenen Marke aus Schwäbisch Gmünd verdammt edel aussieht.
Test-Fazit und Alternativen zur Nubert NuZeo 4
Trotz des durchaus highendigen Preises reiht sich die neue Nubert NuZeo 4 eher in die Kategorie Aktivlautsprecher mit eingebautem Vorverstärker und zusätzlichen Wireless-Funktionen ein. Damit muss sie eher gegen Mitbewerber wie die Elac Navis ARB-51 und Canton Smart A45 BS beziehungsweise. Smart Vento 3 S2 bestehen denn gegen Streaming-Multitalente à la KEF LS 50 Wireless II. Dass Nubert im Sinne der angeführten Zukunftssicherheit auf direkte drahtlose Zuspielung und integrierte Streaming-Module verzichtet, kann die Sache aber aufwendig und kostspielig machen, wenn diese Dinge für einen persönlich im Vordergrund stehen. Schließlich stehen ein nuControl X Vorverstärker für Stereo-Anwendungen oder sogar ein nuXinema preAV für Surround-Systeme mit 4.490 respektive 833 Euro in der Preisliste des Direktversenders.
Technische Daten Nubert NuZeo 4
- Preisempfehlung des Herstellers: 2.800 Euro
- Abmessungen (B x H x T): 24 x 43 x 36 cm
- Gewicht: 18,4 kg (Master)
- Besonderheiten: App, Bass-Einmessung via iPhone, abnehmbare Streben mit verstellbaren Standfüßen
- Mehr unter:: www.nubert.de
Der Beitrag Nubert NuZeo 4 im Test erschien zuerst auf STEREO GUIDE – Das HiFi-Magazin.
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